Aussicht Gott wird

W E I T E A n Weihnachten ist es anders. Lobt Gott, ihr Christen, alle gleich in seinem höchsten Thron, der heut; schließt auf sein Himmelreich und schenkt uns seinen Sohn. Dieses Kirchen- lied von Nikolaus Herman wird am Heiligen Abend in vielen Gottesdiensten gesun- gen. Die ersten, die durch die offene Tür der Heiligen Nacht Die Tür fällt ins Schloss. Hast du den Schlüssel? Nein, den hast doch du! Hektische Griffe in alle Taschen. Nichts. Die Tür ist zu, der Nachbar mit dem Ersatzschlüssel im Urlaub. Verschlossene Türen - Sinnbild für viele Situationen in unserem Leben. Aussicht blicken konnten, waren die Hirten. Sie konnten sehen, dass die Welt eine Zukunft hat. Denn der, der die Zukunft öffnet, war in der Welt ange- kommen. Geboren in einem Kind, vor dem die Welt ihre Türen verschlossen hielt. Aber Gott tat sie auf mit seiner Gegenwart. Das ist ein frommer Gedanke. Ein Gedanke, der zu keinem an- deren Zeitpunkt im Jahr so anschaulich wird wie zu Weihnachten. Für mich ist die Weihnachtszeit immer noch eine Zeit mit großen Aus- sichten. Weihnachten ist ein Fest, das man für die Zukunft der ganzen Welt braucht. Die Angst und Sorge sind groß. Was kommt noch auf uns zu? fragen viele. Darum feiern wir Weihnachten. Da- mit wir uns nicht einrichten und beheimaten in unserem Kleinmut und unserer Un- sicherheit, in unserem Un- glauben. Darum gibt es diese Nacht, in der für einen Augen- blick die Tür aufgeht. Wir sind und bleiben Hoffnungswesen. Dieser Hoffnung gibt Weih- nachten einen Ort und eine Zeit. Die Tür geht auf. Die Aus- sicht ist weit. Gott ist da. Foto: Jens Schulze Ralf Meister Landesbischof der Landeskirche Hannover Gesegnete Weihnachten! D ie Zeile stammt aus dem Weihnachts- lied Fröhlich soll mein Herze springen, das Paul Gerhardt im 17. Jahrhun- dert verfasst hat. Die erste Strophe des Liedes jubiliert nur so vor Freude: Alle Engel singen, heißt es da, und zwar mit vollen Chören, so kräftig und laut, dass die ganze Luft davon erfüllt ist. Auch mein Herz soll fröhlich springen, fordert das Lied. Doch kann es das? Kann es einfach so vor Freude sprin- gen, nur, weil es das soll? Sich von Herzen freuen. Das wäre ein tolles Weihnachts- geschenk. Aber springende Herzen kann man nicht ein- fach verordnen. Gibt es etwa ein Rezept für Weihnachts- freude? Was wäre dann dein Rezept, lieber Paul Gerhardt? Es gibt so viele Rezepte zur Weihnachtszeit. Ganz neue, moderne oder traditionelle Rezepte für Plätzchen und Festtagsmenüs. Ideen für stimmungsvolle Tischdeko- rationen oder das perfekte Weihnachtsgeschenk. Doch woher nimmt man tiefe Freu- de? Das Rezept des Dichters ist die Hinwendung zu Gott und die Einladung, sich vom Christkind selbst beschen- ken zu lassen. Gott wird Mensch dir, Mensch, zugute. Gott liebt uns so sehr, dass er Mensch wird so wie du und ich. Jemand, der uns so sehr liebt, dass er jede unserer menschlichen Lebenserfah- rungen auch die schmerz- lichsten mit uns teilt. Ist das nicht genau das, was wir am dringendsten brauchen? Genau so einer ist Gott, und genau deshalb kommt er zu uns. Im Kind in der Krippe hat Gott sich uns ganz und gar zu- gewandt. Klein und verletzlich macht er sich und kommt uns weit entgegen. Das schutzlose und hilflose Kind ist nahe all denen, die Weihnachten ein- sam sind. Es ist nahe allen Kindern, deren Weihnachts- wünsche unerfüllt bleiben. Unter deren Weihnachtsbaum nicht die erhofften Geschenke liegen, vielleicht, weil ihre El- tern es sich nicht leisten kön- nen. Es ist nahe allen, die in der Ukraine, in Israel und im Gaza-Streifen an Weihnach- ten in Angst leben. Mit sor- genvollem Blick auf den näch- sten, drohenden Luftalarm. Es ist nahe allen, die auf der Flucht sind vor kriegerischen Auseinandersetzungen. An je- nen Orten, die längst aus un- seren täglichen Nachrichten verschwunden sind. Auch wenn unseren Herzen oft nicht zum Springen zu- mute ist, so ist es gut, dass Weihnachten uns Jahr für Jahr daran erinnert: Gott wird Mensch dir, Mensch, zugute. Foto: Christian Schwier Ihr Dr. Oliver Schuegraf Landesbischof Ev.-Luth Landeskirche Schaumburg-Lippe Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und viele Erfahrungen der Zuwendung Gottes im neuen Jahr. Sechs Worte, die in diesem Jahr auf der Weihnachtskarte unserer Landeskirche stehen. Sechs Worte. Mehr braucht es nicht, um das Weihnachts- wunder auf den Punkt zu bringen. Gott wird Mensch dir, M E N S C H , Z U G U T E .